Umstrittene Richtlinie erregt Gemüter / Differenzierte Sicht bei Bauland

Tuntenhausen Nord - bald Bauland?
Tuntenhausen Nord - bald Bauland?

 

 

Bürgerforum übt scharfe Kritik an Gemeinderatsbeschluss zum Einheimischenbauland

 

 

 

In ungewöhnlich deutlicher Form hat der Kommunalpolitische Arbeitskreis (KommA) bei seinem letzten Stammtisch den Beschluss des Tuntenhausener Gemeinderats zur Vergaberichtlinie des Baulands für Einheimische kritisiert. In seiner August-Sitzung hatte der Gemeinderat die Richtlinie einstimmig verabschiedet. In der Richtlinie enthalten sind Punktewertungen für Sozial- und Ortskriterien. Hierbei spielen unter anderem Einkommen und Vermögen eine Rolle und werden entsprechend bepunktet.

 

 

 

Als absolut unüblich und unsozial bezeichneten die KommA-Teilnehmer die Tatsache, dass es nicht nur eine geringere Punktzahl gibt, wenn die Einkommensgrenze von 40.000 – 45.000 € und die Vermögensgrenze von 85.000 – 100.000 € über- sondern auch wenn diese unterschritten wird.

 

 

 

„In Ihrer Präambel beschließt die Gemeinde weniger begüterten jungen ortsansässigen Ehepaaren und Familien den Erwerb von Wohnraum zu ermöglichen, bestraft diese aber wiederum dafür bei den Punktwertungen, dass sie weniger begütet sind“, kritisiert der Organisator des KommA-Stammtisches Martin John. „Es ist Aufgabe der Banken und nicht der Gemeinde die Finanzierung zu prüfen“, so John mit einem Wink auf die Vergangenheit des Bürgermeisters als Leiter einer Bank weiter. Unterstützung erhält das Bürgerforum bei seiner Einschätzung von hoher Stelle: Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat sich über Umwegen der Tuntenhausener Richtlinie angenommen und nach Prüfung darauf hingewiesen, dass bei der Einigung mit der Europäischen Kommission zur „punktebasierten Gewichtung der Bedürftigkeit festgelegt wurde, dass je mehr die Vermögens- und Einkommensobergrenze unterschritten werden, desto mehr Punkte gibt es“.

 

 

 

Auch ein Blick auf die Richtlinien der umliegenden Gemeinden, der Leitlinie des Bayerischen Städte- und des Gemeindetags und der Stellungnahme der SGK (Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik) stützen die Bedenken der Stammtischpolitiker.

 

 

 

„Wir möchten die Gemeinderäte nun auffordern, Ihren Beschluss in diesen Punkten baldmöglichst zu korrigieren“, kündigten die KommA-Teilnehmer rund um den ehemaligen Gemeinderat Werner Filipitsch an.

 

 

Sehr differenziert wurde die aktuelle Diskussion zum Bauland im Gebiet am Wasserturm in Tuntenhausen Nord gesehen. Insbesondere Wasser- und Naturschutz seien hier in diesem Gebiet ein hohes Gut. Dass Anwohner sich wehren, wenn ihre jahrelang unbebauten Nachbargrundstücke bebaut werden, sei normal und nachvollziehbar. Aber auch der Bedarf an Bauland - insbesondere im Einheimischen-Modell - sollte nicht aus den Augen gelassen werden. Das Thema sollte ggf. bei einem eigenen Stammtisch diskutiert werden, befanden die Gäste.

 

 

In der Gemeinderatssitzung vom 12.10.2017 wurde der von KommA erhobene Vorwurf unter Sonstiges thematisiert. Gemeinderat Hans Thiel sprach davon, dass hierdurch die Bevölkerung verunsichert werde. Bürgermeister Georg Weigl betonte, dass er sich nochmals bei Herrn Simon vom Bayerischen Gemeindetag rückversichert hat, dass die Richtlinie der Gemeinde zulässig ist. Er räumte jedoch ein, dass es hier wohl verschiedene Rechtsauffassung geben kann. Den offensichtlichen Widerspruch zwischen der Präambel und dem Inhalt der Richtlinie sah er zwar auch, gab aber zu Bedenken, dass es in der Vergangenheit wohl dazu gekommen ist, dass sich Käufer von Einheimischenbauland finanziell übernommen haben. Dies sollte mit der kritisierten Regelung weitgehend vermieden werden.

 

 

Auch wurde der Bürgermeister über die Einwände von SGK, Bundesministerium und KommA vorab informiert und um Stellungnahme gebeten. Erst nachdem diese ausblieb, wurde der Artikel zum KommA-Stammtisch veröffentlicht.

 

 

Unabhängig davon, dass eine Stellungnahme des Bayerischen Innenministeriums noch aussteht, wurden die moralischen Bedenken gegen die sicherlich gut gemeinten Passagen der Richtlinie nicht entkräftet. Weniger begüterte Familien mit Einheimischen-Bauland fördern zu wollen, aber auf der anderen Seite für gerindes Einkommen und Vermögen zu "bestrafen", ist moralisch bedenklich. Wenn selbst Gemeinden mit einem überdurchschnittlichen Einkommensniveau wie Starnberg auf solch eine Abpunktung verzichten, sollte Tuntenhausen hier nicht den unrühmlichen Vorreiter spielen. Nicht alles was rechtlich zulässig ist, ist auch moralisch richtig!

 

Zudem sollte die Gemeinde in diesem Bereich nicht die Aufgaben der Banken übernehmen, die schlußendlich die Finanzierbarkeit prüfen.

 

 

 

Schreiben des Bayerischen Staastsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 23.10.2017:

Bis dato wurde die Richtlinie weder geändert noch wurden belastbare Argumente vorgelegt, die die Kritik des Staatsministeriums widerlegen.

Kontakt

Stammtisch

Zeit: Im Allgemeinen findet der Stammtisch am dritten Donnerstag im Monat um 19:30 Uhr statt. Nicht in den Ferien!

Ort: Wallners Landgasthof zur Post, Ostermünchen

Themen: Aktuelles aus dem Gemeinderat und aus der Gemeinde.